historische persönlichkeit
Johann Valentin Andreä, geboren in Herrenberg, kam 1620 als Spezialsuperintendent, heute würde man sagen Dekan, nach Calw und wirkte hier bis 1639.
Danach stieg er in Stuttgart zum Hofprediger auf. Der hoch gebildete und vom Calvinismus geprägte Kirchenmann schrieb vor allem durch seine sozialen Werke Stadtgeschichte. Zu jener Zeit war Calw mit etwa 3.500 Einwohnern halb so groß wie Stuttgart und durch seine florierende Wollproduktion eine der wirtschaftlich bedeutendsten Städte des alten Württemberg. Andreä sah aber auch die soziale Not, die sich im Schatten des Aufschwungs entwickelte. Er überzeugte die reichen Calwer Handelsherrn von der Notwendigkeit „einer christlichen, gottliebenden Gesellschaft" zur Unterstützung der Armen, Kranken und der Jugend.
So entstand aus einem Kreis von 13 Männern und 7100 Gulden Grundvermögen das so genannte Färberstift, eine soziale Einrichtung, die bis zur Inflation 1923 Bestand hatte und die Keimzelle für die Calwer Zeughandelscompagnie bildete.Nach der verheerenden Zerstörung der Stadt 1634 im Dreißigjährigen Krieg durch kaiserliche Truppen (Bilanz: 83 Tote, 200 Verwunderte, 450 zerstörte Häuser) und der Pestepidemie mit 772 Opfern ein Jahr später schilderte Andreä in seinen berühmt gewordenen Calwer Totenklagen (Threni Calvensis) Not und Elend in seiner Stadt so eindringlich, dass reiche Städte wie Augsburg, Frankfurt und Nürnberg Geld für den Wiederaufbau stifteten. 10 000 Gulden kamen zusammen.
In seinen über 100, meist lateinischen Schriften – ein Großteil entstand in seiner Calwer Zeit – setzte sich Andreä intensiv mit Glaubens- und Gesellschaftsreformen auseinander. In seinem Werk „Reipublicae Christianpolitanae descriptio" entwickelte er die Vision einer idealen Christenstadt, die auf die Stadtplanung von Freudenstadt Einfluss gehabt haben soll. Und mit seinen Rosenkreuzerschriften initiierte er die internationale Bewegung des Rosenkreuzertums, die ja heute in Calw-Wimberg einen ihrer Stammsitze hat.