historische persönlichkeit
Osana Werdenbergerin
Nonnengasse/Torgasse
75365 Calw
"Ich arme Witwe bin eine Klosterfrau in der Klause zu Calw gewesen,wohin mich mein gnädiger Herr Graf Hans von Werdenberg [ihr Vater]
seligen Angedenkens gebracht hat."
Osanna Werdenbergerin hat diesen Satz in einem Briefwechsel mit Herzog Christoph von Württemberg formuliert und damit einen wichtigen Hinweis auf eine für das Mittelalter sehr typische Erscheinung in Calw geliefert. Osanna war nicht "Klosterfrau" im herkömmlichen Sinne. Sie trat am 15. August 1521 einer Calwer Beginen-Gemeinschaft bei, die damals an der Ecke Nonnengasse / Torgasse ihren Sitz hatte. Die heute noch existierende Nonnengasse in Calw verdankt ihren Namen diesen
"Nonnen", die im Grunde keine Nonnen waren, sondern ein freiwilliger und weltlicher Zusammenschluss von Frauen, die mit wohltätigen Diensten ihren Lebensunterhalt bestritten und ansonsten von Stiftungen, Renten, Schenkungen und dem eingebrachten Vermögen der Frauen lebten. Sie wurden vom Volk als Nonnen bezeichnet, vermutlich ihrer einheitlichen Kleidung wegen.
Seine Blütezeit hatte das Beginentum zu Osannas Lebzeiten bereits überschritten. In der Anfangszeit im 11. Jahrhundert waren die Gemeinschaften noch selbstbestimmt, später suchten die Beginen immer häufiger den Anschluss an einen Orden. Die Calwer Sammlung stellte sich unter die Regel des heiligen Augustinus, ihr Vikar war der Prior des Augustiner-Klosters in Weil der Stadt, Sebastian Rapp.
Sehr viel mehr wissen wir von der Calwer Sammlung nicht, es sind keine aussagekräftigen Zeugnisse überliefert.
Osanna war von ihrem Vater mit einem guten Vermögen ausgestattet worden und deshalb auch sehr willkommen bei den Calwer Beginen. Sie galt dort als "edelgeboren" und von großem Einfluss, sodass sie bald zur Priorin der Beginen aufstieg. Die Beginen verrichteten fromme Tätigkeiten, pflegten Kranke und fer-tigten Handarbeiten an. Auch sollen sie in der Unterrichtung von Mädchen tätig gewesen sein. Sie füllten damit eine große Lücke im damaligen Sozialgefüge.
Mit der von Herzog Ulrich durchgeführten Reformation und der damit vorangetriebenen Auflösung sämtlicher Klöster wurde Osanna Werdenbergerin um 1531 gebeten, ihren geistlichen Stand aufzugeben, was sie auch unverzüglich tat. Sie heiratete den Großkeller (zweithöchstes Amt) des Hirsauer Klosters, Sebastian Keller, zog mit ihm nach Leonberg und wurde Mutter von drei Töchtern. Die Beginen-Gemeinschaft löste sich mit Osannas Weggang um 1531 auf.
"Als aber auf Befehl Euer Fürstlicher Gnaden durch Ambrosius Blarer die Klöster und insbesondere die Sammlung in Calw visitiert wurden, habe ich mich mit Sebastian Keller, dem ehemaligen Großkeller des Klosters Hirsau, verheiratet."